Ohne Blaulicht und TatĂŒtata: Mercedes-Benz 320 Krankenwagen aus dem Jahr 1937

Mercedes-Benz 320 Krankenwagen

Mit seinem unauffÀlligen grauen Lack unterscheidet sich der 1937 gebaute Mercedes-Benz Krankenwagen deutlich vom heutigen Standard.

  • Spezialaufbau auf Basis der Mercedes-Benz Oberklasselimousine
  • Aus dem Fuhrpark des Musikinstrumentenherstellers Hohner aus Trossingen
  • Platz fĂŒr zwei Patienten und Rotkreuzlicht statt optisch-akustischer Warnanlage

„Close-up“ – der Name der Serie des Mercedes-Benz Museums ist Programm. Jede Folge erzĂ€hlt Überraschendes, Spannendes, HintergrĂŒndiges. Dazu legt sie den Fokus auf Details eines Fahrzeugs, Ausstellungsexponats oder eines Elements von Architektur und Gestaltung. Diesmal im Blick: der Mercedes-Benz 320 Krankenwagen aus dem Jahr 1937.

Nr. 2/2023: Mercedes-Benz 320 Krankenwagen

Ohne Blaulicht und TatĂŒtata: Mit seinem unauffĂ€lligen grauen Lack unterscheidet sich der 1937 gebaute Mercedes-Benz Krankenwagen deutlich vom heutigen Standard. Das zeigt seine direkte Nachbarschaft im Mercedes-Benz Museum: Wenige Fahrzeuge weiter im Raum Collection 3 „Galerie der Helfer“ steht ein Rettungstransportwagen (RTW) von 2001 mit Kofferaufbau auf Basis des Mercedes-Benz Sprinters – mit Blaulicht, Martinshorn und der vertrauten Beklebung in Signalfarben. Der Mercedes-Benz 320 Krankenwagen im Museum hat hingegen noch nicht die seit Mitte des 20. Jahrhunderts ĂŒblichen, optischen und akustischen Warnfunktionen. Im Fachjargon werden diese als blaue „Rundumkennleuchten“ und „Folgetonhorn“ bezeichnet. Stattdessen leuchtet bei Einsatzfahrten ein schlichtes Rotkreuzzeichen ĂŒber der Windschutzscheibe.

Mehr als „RĂŒckspiegelrettung“: Der Musikinstrumentenhersteller Hohner aus Trossingen kauft fĂŒr seinen WerkssanitĂ€tsdienst den Krankenwagen auf Basis des 1937 prĂ€sentierten, komfortablen Mercedes-Benz 320 (W 142) mit 57 kW (78 PS) starkem 3,2-Liter-Sechszylindermotor. Hinter den beiden seitlich angeschlagenen HecktĂŒren befinden sich links und ĂŒbereinander zwei Tragen fĂŒr zwei Patienten. Die untere Trage kann schnell und schonend ein- und ausgeladen werden, sie liegt auf einem rollengelagerten und schienengefĂŒhrten Schlitten. Auf der Bank rechts daneben sitzt vermutlich der Transportbegleiter – idealerweise medizinisch geschultes Personal. ZusĂ€tzlich gibt es einen Klappsitz. Insgesamt bietet das Fahrzeug einen besseren Standard als die sogenannte „RĂŒckspiegelrettung“: Bis zur flĂ€chendeckenden EinfĂŒhrung des modernen Rettungsdienstes ist der SanitĂ€ter zugleich Fahrer und behĂ€lt den Patienten wĂ€hrend der Fahrt ĂŒber den RĂŒckspiegel im Blick.

Automobil und Notfallmedizin: Bei einem Unfall und anderen medizinischen NotfĂ€llen steht vor 86 Jahren noch nicht die Erstversorgung am Ort des Geschehens im Vordergrund, sondern der schnelle und zuverlĂ€ssige Transport ins Krankenhaus oder zur Arztpraxis. Immerhin bietet der Krankenwagen bereits Möglichkeiten fĂŒr eine Notfallmedizin unterwegs. Welche Maßnahmen damals ausgefĂŒhrt werden? Das Exponat des Mercedes-Benz Museums zeigt Anhaltspunkte: Es gibt eine Halterung fĂŒr ein zylindrisches Objekt – vielleicht eine Gasflasche zur Beatmung. Eine Nierenschale steht in einem Fach in der Zwischenwand zum Fahrer hin.

Initiative fĂŒr die Sicherheit: Der moderne Rettungsdienst mit seinen heute vertrauten Strukturen und Fahrzeugen wird in Deutschland konsequent ab den 1970er-Jahren aufgebaut. Es gibt allerdings bereits seit dem 19. Jahrhundert verschiedene VorlĂ€uferorganisationen. Dazu gehören öffentliche, ehrenamtliche und private Rettungsdienstbetreiber sowie Unternehmen mit eigenem SanitĂ€tsdienst. Seit den 1890er-Jahren setzen sie Automobile mit verschiedenen Antriebsarten als Krankentransportwagen ein. Bald etabliert sich der Verbrennungsmotor als optimaler Antrieb.

Das Prinzip „Hoch-Lang“: Den Aufbau dieses Rettungswagens von 1937 fĂŒhrt Lueg in Bochum nach einem patentierten System aus. Es nutzt Höhe und LĂ€nge maximal aus und ist ganz auf den Krankentransport zugeschnitten. Der Vorderwagen bis zur Windschutzscheibe stammt original vom Mercedes-Benz 320. Hinter dem Fahrerhaus schließt sich das Abteil fĂŒr Patienten und Begleitung an. Es ist beheizt. Zugang gewĂ€hren die doppelflĂŒgelige HecktĂŒr und eine SeitentĂŒr hinter dem Beifahrer. Das Muster bewĂ€hrt sich: SpĂ€ter in der Markengeschichte entstehen vergleichbare Krankentransportwagen (KTW) der Art „Hoch-Lang“ gern auf Basis von Fahrgestellen aus der Tradition der Mercedes-Benz E-Klasse mit langem Radstand.

Variantenreichtum: Heute gibt es fĂŒr die Notfallrettung eine große Vielfalt von Mercedes-Benz Basisfahrzeugen. Als Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) kommen T-Modelle, SUV und Vans zum Einsatz, als Rettungswagen Transporter und Transporterfahrgestelle mit Spezialaufbauten. Lkw und Busse mit dem Stern sind Basis fĂŒr Großraumrettungswagen und Intensivtransportwagen. Der Kern ihrer Mission ist gleich geblieben: Notfallhilfe bringen – schnell und zuverlĂ€ssig.

ĂŒbermittelt durch die Daimler AG

 

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