Mercedes-Benz C 111-II: Premiere vor 50 Jahren auf Genfer Automobilsalon 1970

Mercedes-Benz C 111-II

Faszinierende Sportwagenikone und Medienliebling, rollendes Labor fĂŒr die Entwicklung des Wankelmotors sowie zur Erprobung neuer Technologien und nicht zuletzt legendĂ€rer Rekordwagen.

  • „Dream-Car“ und Experimentalfahrzeug mit Vierscheiben-Wankelmotor
  • Vorgestellt auf dem Genfer Automobilsalon vom 12. bis 22. MĂ€rz 1970
  • Die futuristische Fahrzeugikone begeistert, geht aber nicht in Serie
  • Neues Buch zum C 111 mit zahlreichen Insider-Informationen erscheint im FrĂŒhjahr 2020

Stuttgart – Faszinierende Sportwagenikone und Medienliebling, rollendes Labor fĂŒr die Entwicklung des Wankelmotors sowie zur Erprobung neuer Technologien und nicht zuletzt legendĂ€rer Rekordwagen: Dies und noch viel mehr ist der Mercedes-Benz C 111. Seine zweite Entwicklungsstufe C 111-II mit der 257 kW (350 PS) starken Vierscheiben-AusfĂŒhrung des Rotationskolbenmotors M 950 F (viermal 602 Kubikzentimeter Kammervolumen) feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag.

Premiere: Vorgestellt wird der Supersportwagen vor 50 Jahren auf dem 40. Genfer Automobilsalon vom 12. bis 22. MĂ€rz 1970. Der 1.120 Millimeter flache neue FlĂŒgeltĂŒrer mit 2.620 Millimeter Radstand hat eine Karosserie aus glasfaserverstĂ€rktem Kunststoff (GFK), die mit der Rahmenbodenanlage aus Stahlblech verschraubt ist. Seine Höchstgeschwindigkeit betrĂ€gt bis zu 300 km/h. Ein Publikumsmagnet ist er bis heute: Ein Mercedes-Benz C 111-II in der charakteristischen Lackierung „Weißherbst“ ist im Mercedes-Benz Museum im Ausstellungsbereich „Faszination Technik“ zu erleben.

Weiterentwicklung: Der C 111-II entsteht auf Basis des im Herbst 1969 prĂ€sentierten C 111. Technisch zeichnet er sich insbesondere durch den Vierscheiben-Wankelmotor aus, einen echten Sportmotor. Die Designentwicklung unter der Leitung von Bruno Sacco und Josef Gallitzendörfer beginnt im Sommer 1969. Unter anderem verbessert sich gegenĂŒber dem VorgĂ€nger die Sicht des Fahrers durch VerĂ€nderungen an KotflĂŒgeln, Dach und Heckdeckel. Auch die Aerodynamik ist optimiert: Windkanalmessungen ergeben einen gegenĂŒber dem C 111 um acht Prozent verminderten Luftwiderstand. Das Interieur des C 111-II ĂŒberzeugt durch seine moderne Ästhetik. Seine Alltagstauglichkeit unterstreicht der Traumwagen zum Beispiel dadurch, dass er Platz fĂŒr einen großen und zwei kleine Koffer des Mercedes-Benz Koffersatzes bietet.

Dream-Car: Der C 111 ist von Beginn an ein Highlight. Damit geht der Plan des Vorstands der damaligen Daimler-Benz AG auf: Dieser beschließt am 20. Mai 1969, dass der C 111 als „Traumwagen“ vom 11. bis 21. September 1969 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main vorgestellt werden soll. Nach dem sensationellen DebĂŒt gastiert der C 111 auf zahlreichen weiteren Messen und Ausstellungen: dem Automobil-Salon in Paris, der London Motor Show (Oktober 1969), dem Turiner Salon (Oktober / November 1969), der Jochen Rindt Show in Wien (November 1969) und Essen (Dezember 1969), dem Automobil-Salon in BrĂŒssel (Januar 1970) und der Chicago Auto Show (Februar 1970). In Genf hat dann im MĂ€rz 1970 die weiterentwickelte Version C 111-II Premiere.

Blankoschecks: ZahlungskrĂ€ftige Sportwagenfans sind bereit, hohe Summen fĂŒr einen C 111 zu zahlen. Bereits in London 1969 bietet ein Automobilliebhaber bis zu einer halben Million DM. In den folgenden Monaten treffen sogar Blankoschecks in Stuttgart ein. Doch die Marke betont, dass das Experimentalfahrzeug unverkĂ€uflich ist. Ganz am Anfang seiner Karriere ist der spĂ€tere C 111 (den Mercedes-Benz unter der internen Bezeichnung C 101 fĂŒhrt) jedoch fĂŒr eine ganz andere Zielgruppe bestimmt: Bereits 1963 denkt man ĂŒber einen Wankelmotor in einem „kleinen, preiswerten Sportwagen“ nach, der unterhalb des „Pagoden“-SL (W 113) platziert werden soll. Ende 1968 wird diese Ausrichtung konkretisiert zum „kleinen sportlichen Fahrzeug“ ohne ausgeprĂ€gten Komfort, das sich auch fĂŒr den Rallyesport eignet und „jĂŒngere Leute“ ansprechen soll.

Fahrerlebnis: In Genf ist der C 111-II vor 50 Jahren nicht nur als Ausstellungs-Highlight zu erleben, sondern auch in Fahrt. Denn von der zweiten Serie bringt Mercedes-Benz zwei der insgesamt fĂŒnf geplanten Experimentalfahrzeuge mit zum Automobilsalon. Der Versuchswagen mit der internen Nummer 31 ist der erste C 111-II und  im Rahmen der PressevorfĂŒhrung am 10. und 11. MĂ€rz 1970 auf dem Circuit de Monthoux bei Genf bei Demonstrationsfahrten zu erleben.

Digital: Der C 111 weist nicht nur mit seiner Form in die Zukunft. Er ist auch das weltweit erste Automobil, das von Grund auf am Computer konstruiert wird. Die Ingenieure verwenden dazu das Verfahren ESEM (Elastostatik-Element-Methode), eine bei Mercedes-Benz entwickelte Variante der Finite-Elemente-Methode (FEM). Die Digitaltechnik ermöglicht sogar das Berechnen dynamischer Belastungen. Bei Mercedes-Benz geht man davon aus, dass so rund vier Monate Entwicklungszeit eingespart werden. Der hauseigene Dokumentationsfilm „Das Auto, das aus dem Computer kam“ stellt die Innovation vor.

V8 statt Wankel: Im Dezember 1970 wird in einen C 111-II statt des Wankelmotors ein Mercedes-Benz 3,5-Liter-V8-Hubkolbenmotor eingebaut. Dieses Fahrzeug von Mercedes-Benz Classic macht den C 111 heute auch dynamisch erlebbar und sorgt bei Veranstaltungen der automobilen Klassik immer wieder fĂŒr Begeisterung. Ein anderes EinzelstĂŒck der unternehmenseigenen Fahrzeugsammlung ist ein C 111-II aus dem Jahr 1975: Seine Bodengruppe besteht aus einem Sandwich aus zwei nur wenige Millimeter dicken, glasfaserverstĂ€rkten Kunstharzschalen, die mit einer Polyurethan-AusschĂ€umung zu einem Kernverbund verschweißt sind.

Butter und Ski: Der C 111-II zeigt gegenĂŒber seinem VorgĂ€nger einige komfortable Details. DafĂŒr setzt sich insbesondere Rudolf Uhlenhaut ein, Leiter der Mercedes-Benz Personenwagen-Entwicklung. ZusĂ€tzlich zum regulĂ€ren Kofferraum werden beispielsweise die Unterbringung eines GepĂ€ckstĂŒcks auf dem Heckdeckel mit Spanngurten sowie der Skitransport vorgesehen. Uhlenhaut lĂ€sst den C 111-II auch einer praxisnahen „Butterprobe“ unterziehen: Dabei wird wĂ€hrend einer sportlichen Fahrt getestet, ob ein PĂ€ckchen Butter im Kofferraum – trotz dessen Isolierung gegen die WĂ€rme des Verbrennungsantriebs – schmilzt.

Farbe bekennen: Heute ist der C 111-II wie auch sein VorgĂ€nger im öffentlichen Bewusstsein ganz klar mit dem Orangemetallic-Farbton „Weißherbst“ verbunden. ZunĂ€chst werden jedoch Ende der 1960er-Jahre auch eine Lackierung in „Zinnoberrot“ und ein Dekor mit Rallyestreifen angedacht. 1969 erscheint der C 111 zunĂ€chst in einem weißen Effektlack und in Leuchtorange. Bis zur Premiere des C 111-II in Genf vor 50 Jahren setzt sich aber die Lackierung „Weißherbst“ als typische Farbe durch.

Rekordwagen: Die Entwicklung des Wankelmotor-Supersportwagens wird nach dem C 111-II und seinem Pendant mit Kunststoff-Bodengruppe bei Mercedes-Benz nicht weiter fortgesetzt. Dennoch strahlt der Stern der Experimentalfahrzeuge weiter hell. Denn auf ihrer Basis entstehen die höchst erfolgreichen Rekordfahrzeuge C 111-II D (1976), C 111-III (1977) und C 111-IV (1979).

Druckfrisch: Neue Einblicke in die Entwicklung des Traumsportwagens und RekordjĂ€gers bietet das Buch „Mercedes-Benz C 111“, das in KĂŒrze im Motorbuch Verlag Stuttgart erscheinen wird. Der aufwendig recherchierte Band mit umfassenden Detailinformationen und Fotos aus den Archiven der Daimler AG, darunter zahlreiche bisher unveröffentlichte Motive, dokumentiert erstmals die komplette Entwicklungsgeschichte dieses faszinierenden Fahrzeugs.

ĂŒbermittelt durch die Daimler AG

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