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Der Batteriemarkt fĂŒr Elektrofahrzeuge ist von groĂer Nachfrage, aber auch von Unsicherheit und erheblichen Schwankungen geprĂ€gt. Der Batteriezellen-Hersteller LG Chem stellt sich mit seinem riesigen Werk in Polen darauf ein.
LG Chem, dem Börsenwert nach die Nummer vier unter den Chemiekonzernen weltweit, blickt auf mehr als 20 Jahre Erfahrung auf dem Batteriemarkt zurĂŒck. Im Jahr 2018 errichtete das Unternehmen die gröĂte europĂ€ische ProduktionsstĂ€tte fĂŒr Lithium-Ionen-Batterien fĂŒr Elektroautos. Das Werk nahe WrocĆaw (Breslau) in Polen ist vier Mal gröĂer als Gigafactory 1 von Tesla in den USA. Hier entstehen auf mehr als 50 FertigungsstraĂen sowohl einzelne Batteriezellen als auch Komplettbatterien fĂŒr die europĂ€ischen Automobilhersteller. Allerdings muss sich LG Chem trotz der guten Wachstumsaussichten stĂ€ndig neu auf die sich rasant wandelnden Marktbedingungen einstellen. Will man mit den beispiellosen Nachfrage- und Wachstumsraten Schritt halten, so bedarf es einer kontinuierlichen Optimierung von Prozessen und Abstimmungen mit den ErstausrĂŒstern.
UnerlÀsslich: die Steuerung komplexer AblÀufe
Sowohl die Fertigung selbst als auch die Abstimmung zwischen Zulieferern und ErstausrĂŒstern sind komplex. Ein anschauliches Beispiel dafĂŒr ist die Herstellung von Pouch-Zellen. Diese leichten Zellen durchlaufen 15 Fertigungsschritte mit mehr als 1.500 festgelegten Prozessparametern, bevor sie das Werk nach strengen QualitĂ€tskontrollen verlassen. Kunden wie etwa Volkswagen stellen fĂŒr ihre Marken sehr spezielle Beschaffungsrichtlinien und konkrete Anforderungen unter anderem an die Freigabe neuer Produkte auf, die von den Lieferanten einzuhalten sind.
Mit der Errichtung des Werks in Polen beschritt LG Chem daher Neuland. In dem Bestreben, sowohl eine reibungslose Inbetriebnahme als auch eine rationelle Produktion zu gewĂ€hrleisten, beauftragte LG Chem Porsche Consulting mit begleitenden MaĂnahmen in der Anlaufphase. Nach eingehenden Analysen wurde deutlich, dass man die Batterienachfrage durch eine Ausweitung der Produktion ohne zusĂ€tzliche KapazitĂ€ten wĂŒrde decken können, wenn die Instandhaltung der technischen Anlagen optimiert wĂŒrde. âMit dem Instandhaltungskonzept von Porsche Consulting können wir die Produktion um 14 Prozent steigernâ, sagt Kyong Deuk Jeong, PrĂ€sident von LG Chem WrocĆaw Energy.
âWir wollen die grĂŒne Fabrik der Zukunft erschaffen.â
Kyong Deuk Jeong, PrĂ€sident von LG Chem WrocĆaw Energy
MaĂgeblich fĂŒr die erfolgreiche Entwicklung des Werks, dessen ProduktionskapazitĂ€t auf mehr als 100 GWh ausgeweitet werden soll, war die sorgfĂ€ltige Steuerung des Produktionsanlaufs. Es kam darauf an, die Produktionszahlen zu steigern und gleichzeitig die ProduktqualitĂ€t zu gewĂ€hrleisten. Eine weitere Herausforderung ergab sich aus der Notwendigkeit, die in Korea ĂŒbliche Arbeitsweise auf die Methoden und Erfordernisse von ErstausrĂŒstern wie etwa Volkswagen abzustimmen. FĂŒr LG Chem ist das GeschĂ€ft mit der Autoindustrie noch Neuland, erschwerend kamen sprachliche und kulturelle Unterschiede hinzu. âWo sich stĂ€ndig etwas Ă€ndert, ist gute Kommunikation unerlĂ€sslichâ, sagt Jeong. âKundensymposien und F&E-Netzwerke helfen uns, die Erfordernisse unserer Kunden zu verstehen und unser Produktportfolio entsprechend anzupassen.â Diese Herangehensweise habe FrĂŒchte getragen. âDie erfolgreiche EinfĂŒhrung der Langzellentechnologie fĂŒr den revolutionĂ€ren Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) von Volkswagen ist ein hervorragendes Beispiel dafĂŒr, wie unsere Zusammenarbeit mit ErstausrĂŒstern eine weltweite TechnologiefĂŒhrerschaft hervorbringt.â
Nachhaltigkeit und Innovation
KomplexitĂ€t ist nicht die einzige Herausforderung, mit der sich LG Chem auseinandersetzen muss. Auch das Thema Nachhaltigkeit in seinen zahlreichen Facetten steht bei der KonzernfĂŒhrung ganz oben auf der PrioritĂ€tenliste. âWir wollen nicht nur Akkus fĂŒr Elektrofahrzeuge liefern, sondern noch einen Schritt weitergehen und die grĂŒne Fabrik der Zukunft bauenâ, sagt Jeong. Da die ErstausrĂŒster in ihren Beschaffungsketten eine bessere CO2-Bilanz anstrebten, stellten immer mehr Zulieferer auf erneuerbare Energiequellen um. âZweite PrioritĂ€t haben Sicherung und Ausbau unseres technischen Vorsprungs.â Daher investiere das Unternehmen sowohl in eigene Forschung und Entwicklung als auch in Partnerschaften mit Anbietern zukunftsweisender Batterietechnik.
Das Coronavirus verÀndert alles
Der Ausbruch von Covid-19 blieb auch fĂŒr LG Chem nicht ohne Folgen. ZunĂ€chst einmal mussten alle Abteilungen der neuen GefĂ€hrdungslage Herr werden. RegelmĂ€Ăige Handhygiene, das Abstandhalten und das Tragen von Mund- und Nasen-Bedeckungen wurden zur Pflicht, die Arbeiten wurden dadurch jedoch nicht beeintrĂ€chtigt. âUnsere BeschĂ€ftigten haben sich vorbildlich verhalten und die neuen Regeln befolgtâ, sagt Jeong. Allerdings kam es infolge logistischer Probleme und der SchlieĂung von Zulieferbetrieben zu Verzögerungen beim Bezug wichtiger Produktionsmaterialien. LG Chem konnte diese Krisensituation dank ausreichender Lagerhaltung, eines ausgeklĂŒgelten Beschaffungswesens, eng geknĂŒpfter Beziehungen und nicht zuletzt harter Arbeit und KreativitĂ€t bewĂ€ltigen.
Eine gröĂere Herausforderung stellte die Coronakrise fĂŒr das Hochfahren der Produktion dar. Die Unterbrechung des Produktionsanlaufs und der entsprechenden Personalschulungen kam schlichtweg nicht infrage. Die ProduktionsstraĂen wurden in SĂŒdkorea gebaut und getestet und dann zur Montage nach Polen verschifft. Da das fĂŒr den Aufbau vor Ort benötigte erfahrene Fachpersonal aus SĂŒdkorea wĂ€hrend des Lockdowns nicht mehr nach Polen einreisen durfte, verlĂ€ngerten die bereits anwesenden Experten ihren Aufenthalt. ErgĂ€nzend kamen digitale Instrumente fĂŒr den Fernzugriff zum Einsatz.
Staatliche Anreize fördern Kaufbereitschaft
Durch den Lockdown und die damit verbundene geringere Kaufbereitschaft gab es natĂŒrlich bei der Autoindustrie auch NachfrageeinbuĂen. âOffen gestanden, habe ich mich gefragt, was im Fall eines drastischen NachfragerĂŒckgangs insbesondere in Europa aus der Batterieproduktion werden sollâ, so Jeong. Zum GlĂŒck erwies sich diese Sorge als unbegrĂŒndet. Die europĂ€ischen LĂ€nder, darunter auch Deutschland, stellten zusĂ€tzliche Kaufanreize fĂŒr Elektrofahrzeuge bereit, um den Markt wieder in Schwung zu bringen. SchlieĂlich lief nach einer Unterbrechung die Produktion bei den ErstausrĂŒstern allmĂ€hlich wieder an. Da LG Chem seine Fertigung jedoch nicht unterbrochen hatte, nahmen die Autokonzerne nun einen Teil der produzierten Batterien auf Lager.
Jeong zufolge ist LG Chem mit einem Anteil von 80 Prozent seit Januar 2020 MarktfĂŒhrer bei Batterien fĂŒr Elektrofahrzeuge in Europa. Auch global belegt LG Chem mit einem Marktanteil von 24 Prozent den Spitzenplatz (Zeitraum Januar bis Mai 2020). Diese Erfolge erreichte das Unternehmen dank erheblicher Investitionen. Mittelfristig strebt LG Chem ProfitabilitĂ€t und die Sicherung der MarktfĂŒhrerschaft auf Grundlage enger Kundenbeziehungen an. âMittel- bis langfristig wird der Elektroantrieb zweifellos den Verbrennungsmotor weitgehend verdrĂ€ngenâ, so Jeong. âDas eröffnet uns eine groĂartige Chance auf dem europĂ€ischen Markt und auch zum Vorantreiben technischer Neuentwicklungen wie etwa der kobaltfreien Batterie und der Feststoffbatterie, die mehr Sicherheit und höhere Leistung bieten.â
Auf einen Blick
LG Group
⊠wurde 1947 als Lucky Chemical Industrial Co. in SĂŒdkorea gegrĂŒndet und beschĂ€ftigt heute 250.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum Konzern gehören Tochtergesellschaften in den Bereichen Chemie, Elektronik, Telekommunikation und Dienstleistungen. Die Umsatzerlöse beliefen sich im Jahr 2019 auf 137,2 Milliarden US-Dollar.