Brock Keen hat sich mit seinem Instagram-Profil „996roadtrip“ zur Kultfigur entwickelt. Er nimmt seine Follower mit auf ein nie dagewesenes Camping-Abenteuer.
Brock Keen hat sich mit seinem Instagram-Profil „996roadtrip“ zur Kultfigur entwickelt. Er nimmt seine Follower mit auf ein nie dagewesenes Camping-Abenteuer im Porsche – zumindest metaphorisch. Seine Roadtrips, bei denen er seine Leidenschaft für Sportwagen mit seiner Liebe zur Wildnis verbindet, sind eine Sensation in den sozialen Medien – ebenso wie sein unverwechselbarer 911.
Keens Reise begann, als er sich für einen 996 als Alltagsfahrzeug entschied. Der Carrera 4S in Atlasgrau hatte gerade einmal 96.000 Kilometer auf dem Tacho, als der junge Unternehmer ihn im Autohaus eines Freundes in Oregon kaufte. Bereits nach einer kurzen Inspektion ging es für den Porsche wieder zurück auf die Straße.
Der Elfer wurde wie geplant täglich gefahren, sowohl zum routinemäßigen Pendeln als auch auf längeren Strecken in die Berge, in die Keen und seine Frau regelmäßig zum Ski- und Snowboardfahren reisten. „Bei uns regnet es sehr viel, daher ist ein Allradantrieb schon praktisch“, erklärt er. „Diese tollen Straßen zwischen Küste und Gebirge sind die perfekte Umgebung für einen Porsche.“
Das Paar, das seine Freizeit gerne in der Natur verbringt, gehörte auch zu den Stammkunden eines lokalen Camping-Ladens in Portland, in dem Keen eines Tages ein Dachzelt im Angebot fand – ideal, so dachte er sich, für ihren alten Range Rover. Aber wie das Schicksal es so wollte, ließ sich das Zelt nicht mit der Dachreling des alten SUV verbinden. Doch der Dachträger, den Keen kurz zuvor auf den 996 gebaut hatte, um ihre Mountainbikes damit zu transportieren, passte perfekt.
„Als ich so nach Hause fuhr, sahen mir nicht wenige Leute belustigt hinterher. An jeder roten Ampel schlugen die Umstehenden ungläubig die Hände über dem Kopf zusammen. Zuhause angekommen baute ich sofort das Zelt auf, vor allem um meine Frau davon zu überzeugen, dass wir es behalten.“
Die Stunde der Wahrheit war gekommen, als das Paar mit ihrem Porsche ein Open-Air-Konzert besuchte und zum ersten Mal im Zelt übernachtete. Ein Foto dieses Moments auf Instagram sorgte für Aufmerksamkeit, und der Hersteller des Zelts nahm Kontakt auf. Dieser war, so erzählt Keen, sowohl fasziniert von dem Bild seines Produkts auf einem so untypischen Fahrzeug, als auch besorgt, die Konstruktion könnte zu instabil sein.
„Das Unternehmen lud uns in seine Zentrale ein, wo die Mitarbeiter Vollbelastungs- und Gewichtstests am Dachträger und am Auto selbst durchführten. Der Aufbau hat die Tests mit Bravour bestanden, auch wenn das Gewicht dreimal so hoch war wie für den Dachträger freigegeben. Nach der Prüfung und Bescheinigung entschied ich mich, das Zelt auf dem Auto zu lassen“, erinnert sich Keen.
Es wurden einige kleinere Änderungen am 996 vorgenommen, darunter eine Kaltluftansaugung, Rallye-Leuchten und eine Absenkung des Fahrwerks um rund 2,5 Zentimeter. „Was eigentlich komplett bescheuert ist“, meint Keen lachend, „schließlich fahre ich offroad damit; die Ölwanne hat auf jeden Fall schon ein paar Steine abbekommen. Aber so bleibt der Schwerpunkt niedrig. Ich bin mit dem Auto inklusive Dachzelt schon auf der Rennstrecke auf drei Rädern um die Kurve gefahren, das funktioniert also definitiv.“
Der erste richtige Roadtrip des Wagens mit montiertem Zelt führte zur Rennsport Reunion auf dem Laguna Seca Raceway, dem größten und renommiertesten Porsche-Treffen der USA. „Dort gab es viele Puristen, die mich für verrückt erklärten“, erinnert sich Keen. „Und wiederum andere, die verstanden, wofür die Marke Porsche wirklich steht, und wie vielseitig einsetzbar diese Wagen sind. Ich erhielt große Anerkennung.“
Seitdem spult Keen auf Roadtrips durch das ganze Land viele Kilometer ab und ist mit seinem 911 immer öfters abseits asphaltierter Straßen unterwegs. „An entlegene Orte gelangt man in der Regel über großartige Wege“, erklärt er schlicht. „So kann ich tagsüber durch die Canyons fahren und habe nachts einen ganzen Sternenhimmel für mich. Und am nächsten Tag geht es genauso weiter. Ich gehe einfach hinaus an Orte, an denen man niemals einen Porsche erwarten würde, geschweige denn einen mit Dachzelt.“
Für gewöhnlich wird Keen beim Camping von seiner Frau und seiner Hündin Lucy begleitet. In letzter Zeit sind aber auch immer wieder Freunde dabei, und die Idee zieht mittlerweile auch weltweit immer weitere Kreise. „Es ist schon fast zu einem Trend geworden“, sagt der 40-Jährige. „Auf einer Rallye mit einer Gruppe Sportwagen im Herbst sind wir ein paar Schotterstraßen und unbefestigte Wege in den Bergen an der nordwestlichen Pazifikküste gefahren. Und ein Kumpel von mir hat einen 88er Carrera, auf dem wir ebenfalls ein Zelt montiert haben. Mittlerweile machen das bestimmt gut ein Dutzend andere auch, in Russland, in China … es gibt sie auf einmal auf der ganzen Welt. Das ist wirklich cool.
Vor Corona hatte Keen einen länderübergreifenden Roadtrip geplant, bei dem er jede Strecke der diesjährigen Formel-E-Saison in Europa besuchen wollte. Dieser Plan wurde nun auf das kommende Jahr verschoben, und so war seine jüngste Unternehmung ein zweiwöchiger Trip zu bekannten Orten an der US-amerikanischen Westküste, die bei Porsche-Fahrern hoch im Kurs stehen. Er reiste zum Sonoma Raceway sowie nach Willow Springs und ging unterwegs auf Tuchfühlung mit Persönlichkeiten wie Rod Emory, Magnus Walker und Patrick Long.
Keen, der nun selbst eine Berühmtheit ist, wird auch in Zukunft die USA in seinem 996 erkunden, und dabei Sonne, Regen und Schnee trotzen. So wendet er sich mit einer einfachen Botschaft an die große Porsche-Gemeinschaft: „Habt keine Angst, eure Autos zu fahren. Wir haben mit unserem schon über 200.000 Kilometer absolviert. Sie sind dazu da, gefahren zu werden. Also ab hinter‘s Steuer!“