Vor 60 Jahren: Alfa Romeo baut eigenes Test- und Erprobungszentrum in Balocco

Alfa Romeo Giulia GTA

Auch die Ingenieure und Fahrer des Teams Alfa Romeo Racing ORLEN verbringen hunderte von Stunden am Computer, im Simulator und im Windkanal, um die Rennwagen immer weiter zu optimieren.

RĂŒsselsheim (ots)

  • 1961 legt Alfa Romeo in der NĂ€he der Autobahn von Mailand nach Turin den Grundstein zu einem Komplex, in dem Serienfahrzeuge und Rennwagen unter optimalen Bedingungen entwickelt werden können.
  • Rennteam Autodelta errichtet eigene Basis und erprobt unter großer Geheimhaltung Boliden fĂŒr die Formel 1 und die Sportwagen-Weltmeisterschaft.
  • Nach mehreren Erweiterungen umfasst das “Centro Sperimentale Balocco” heute eine FlĂ€che von rund sechs Quadratkilometern mit mehr als 80 Kilometern Straßen und Wege unterschiedlichster QualitĂ€t.
  • Auch die neuen Modelle Alfa Romeo Giulia GTA und Alfa Romeo Giulia GTAm erhalten in Balocco den Feinschliff, mit UnterstĂŒtzung der Formel-1-Piloten Kimi RĂ€ikkönen und Antonia Giovinazzi.

Wer in der Formel 1 siegen will, muss unermĂŒdlich testen. Auch die Ingenieure und Fahrer des Teams Alfa Romeo Racing ORLEN verbringen hunderte von Stunden am Computer, im Simulator und im Windkanal, um die Rennwagen immer weiter zu optimieren.

Ihre VorgĂ€nger aus den Anfangstagen der Formel 1 gingen deutlich hemdsĂ€rmeliger ans Werk. Die “Alfetta”, mit denen Alfa Romeo in den Jahren 1950 und 1951 die Weltmeisterschaft in der Königsklasse des Motorsports gewann, wurde weitgehend auf offener Straße getestet – meistens auf der Autobahn zwischen Mailand und Turin.

Auch die Erprobung von Serienfahrzeugen fand Mitte des 20. Jahrhunderts vorwiegend im ganz normalen Straßenverkehr statt. Beispielsweise zum RĂŒtteltest schickte Alfa Romeo Vorserienmodelle hĂ€ufig auf die – auch heute noch – mit Kopfsteinpflaster gedeckte Via Procaccini in Mailand.

Als das Automobil in den 1950er Jahren allmĂ€hlich vom raren Luxusartikel zum weit verbreiteten Alltagsgegenstand aufstieg, war die Grenze dieser Methoden erreicht. Giuseppe Luraghi, zu dieser Zeit Direktor von Alfa Romeo, entwickelte die Vision eines firmeneigenen TestgelĂ€ndes. Tauglich fĂŒr die sichere Erprobung von Rennwagen und Serienfahrzeugen. Abgeschirmt nicht nur vom normalen Straßenverkehr, sondern auch vor den neugierigen Augen von Konkurrenz und Presse. “Außerdem sollte das GelĂ€nde nicht allzu weit entfernt von der damals neuen Fabrik im MailĂ€nder Vorort Arese sein”, erlĂ€utert Lorenzo Ardizio, Chefkurator des heute in dem ehemaligen Werk beheimateten Museo Storico Alfa Romeo.

Teststrecke bildet berĂŒhmte Kurven der Formel 1 ab

Luraghis Mannschaft entschied sich schließlich fĂŒr ein GrundstĂŒck nahe der Autobahn Mailand-Turin, in der NĂ€he des Ortes Balocco rund 70 Kilometer von Arese entfernt. 1961 begannen die Bauarbeiten. Umgeben von Reisfeldern, bot das zukĂŒnftige “Centro Sperimentale” den benötigten Platz und die geforderte Abgeschiedenheit. “Die einzigen ungebetenen GĂ€ste waren Moskitos”, scherzt Ardizio.

In einem ehemaligen Bauernhof, der Tenuta Bella Luigina, fanden Verwaltung, Testmannschaft und das Rennteam Autodelta Platz. Auf rund zwei Quadratkilometern FlĂ€che entstand zunĂ€chst eine rund 5,7 Kilometer lange Piste, deren Verlauf SchlĂŒsselpassagen einiger berĂŒhmter Rennstrecken nachbildete. Die Testfahrer von Autodelta konnten hier das Fahrverhalten beispielsweise in der “Curva di Lesmo” auf dem Formel-1-Kurs von Monza oder der “Hugenholtzbocht” der GP-Strecke im niederlĂ€ndischen Zandvoort simulieren.

Autodelta entwickelte in Balocco unter anderem den Tipo 33, mit dem die Marke die Langstrecken-Weltmeisterschaft 1975 und 1977 gewann, sowie die Formel-1-Boliden der folgenden Jahre.

Bis 1982 lief in Balocco die Erprobung von Renn- und Serienfahrzeugen parallel. Dazu wurden zusĂ€tzlich zur Rennstrecke auch mehrere rund 400 Meter lange Abschnitte mit verschiedenen FahrbahnoberflĂ€chen angelegt. Eine Sektion wurde mit Kopfsteinpflaster gepflastert – die Via Procaccini hatte als RĂŒttelstrecke ausgedient. “Schon damals konnte man in Balocco innerhalb kurzer Zeit die Belastung simulieren, die ein Serienfahrzeug in zehn Jahren durchmacht”, beschreibt Ardizio. Das erste Straßenfahrzeug, das hier seinen Feinschliff erhielt, war das ab 1963 in Arese gebaute Modell Giulia.

Heute eins der weltweit modernsten Testzentren

Mit der Übernahme von Alfa Romeo durch Fiat im Jahr 1987 wurde dem “Centro Sperimentale” die wesentlich umfangreichere Rolle des TestgelĂ€ndes fĂŒr die gesamte Gruppe ĂŒbertragen. Damit einher ging eine deutliche Erweiterung des GelĂ€ndes, in mehreren Schritten auf heute rund sechs Quadratkilometer. ZusĂ€tzliche, voneinander unabhĂ€ngig nutzbare Teststrecken schufen neue Möglichkeiten zur Fahrzeugerprobung. Seit 1992 wird der gesamte Komplex von einem Asphaltoval mit einer LĂ€nge von 7,9 Kilometern umfasst. Steilkurven mit einer Erhöhung von rund 30 Prozent ermöglichen auf dieser Piste Dauergeschwindigkeiten von deutlich ĂŒber 300 km/h. “FĂŒr Hochgeschwindigkeitstests mussten die Ingenieure nicht mehr ins ĂŒber 1.000 Kilometer entfernte Nardo reisen”, beschreibt Historiker Ardizio.

1993 nahm die Strecke “Langhe” den Betrieb auf. Auf rund 24 Kilometern LĂ€nge bildet sie fĂŒr die gleichnamige Region in Norditalien typische Landstraßen ab, mit Kurven aller denkbaren Radien, unterschiedlichen FahrbahnoberflĂ€chen, Anstiegen und GefĂ€llen. Sechs Jahre spĂ€ter war die Strecke “Comfort” (LĂ€nge 2,8 Kilometer) fertig.

Mit der Ausweitung des Modellportfolios der Konzernmarken wuchsen auch die Anforderungen an das hauseigene TestgelĂ€nde. Erprobungsstrecken fĂŒr Transporter und Lkw ergĂ€nzten das Angebot. 2005 wurde die erste Offroad-Piste eröffnet, inzwischen ausgebaut auf drei verschiedene GelĂ€ndestrecken mit 27 typischen Hindernissen unbefestigter Wege, darunter auch unterschiedlich tiefe Wasserdurchfahrten. Auf einer schnurgeraden, rund 1,3 Kilometer langen und bis zu 300 Meter breiten Dynamik-FlĂ€che werden beispielsweise Slalom-Tests durchgefĂŒhrt.

Bis zu 130 Fahrzeuge gleichzeitig im Testbetrieb

ZusĂ€tzliche Pisten stehen fĂŒr die Erprobung von ABS, von Situationen mit glatter Fahrbahn oder zur Beurteilung von FahrgerĂ€uschen zur VerfĂŒgung. Crashtests werden in einem spezialisierten Safety-Center durchgefĂŒhrt. DarĂŒber hinaus bietet der Komplex Klimakammern, WerkstĂ€tten, Lagerhallen, insgesamt acht Tankstellen sowie zahlreiche Waschanlagen.

Im Verlaufe von 60 Jahren hat sich das “Centro Sperimentale Balocco” zu einer der modernsten und leistungsfĂ€higsten Einrichtungen seiner Art entwickelt. “Heute betreiben wir 26 unterschiedliche Teststrecken mit einer GesamtlĂ€nge von ĂŒber 80 Kilometern und mehr als 50 verschiedenen FahrbahnoberflĂ€chen”, zĂ€hlt Carlandrea Arcelloni auf, Direktor Balocco Proving Ground. “Wir testen bei Bedarf rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr.” Bis zu 130 Fahrzeuge können gleichzeitig auf die unterschiedlichen Teststrecken gehen, koordiniert durch ein ausgeklĂŒgeltes GPS-System.

Aber nicht nur Haltbarkeits- und ZuverlĂ€ssigkeitstests werden in Balocco durchgefĂŒhrt. Der Proving Ground ist außerdem meist die erste Anlaufstelle, wenn die Entwicklung eines neuen Fahrzeugmodells von der Computersimulation in das Stadium der Prototypenerprobung wechselt. Technische Lösungen werden analysiert und evaluiert, Fahrzeugsysteme abgestimmt, Fahrleistungen gemessen, außerdem Vergleichsfahrten auch mit Modellen der Mitbewerber durchgefĂŒhrt. Das Testzentrum in Balocco steht darĂŒber hinaus fĂŒr Fahrsicherheitstrainings, PrĂ€sentationen oder Ă€hnliche Veranstaltungen internen Abteilungen sowie externen Kunden zur VerfĂŒgung.

Formel-1-Piloten testen Alfa Romeo Giulia GTAm

Durch die Entwicklung von Hochleistungsfahrzeugen wie Alfa Romeo 8C und Alfa Romeo 4C stiegen die Anforderungen speziell an die “Alfa Romeo” genannte zentrale Teststrecke. Sie entspricht inzwischen in vielen Details den in der Formel 1 geltenden Standards. “Mit dem Ausbau haben wir Rennstrecken-Architekt Jano Zaffelli beauftragt, der mit seinem Team auch die modernisierte GP-Piste in Zandvoort geplant hat”, erzĂ€hlt Arcelloni.

Der modernisierten zentralen Teststrecke kam auch eine besondere Bedeutung bei der Entwicklung der neuen Modelle Alfa Romeo Giulia GTA und Alfa Romeo Giulia GTAm zu. Die beiden Hochleistungslimousinen, die von einem 397 kW (540 PS) starken V6-Biturbo-Benziner angetrieben werden, durchliefen auf dem Asphalt von Balocco ein umfangreiches Testprogramm zur Abstimmung von Fahrwerk und der spezifischen Aerodynamik.

Bei der extremeren Modellvariante, der mit verstellbarem Frontsplitter und großem, ebenfalls manuell justierbarem HeckflĂŒgel ausgestatteten Alfa Romeo Giulia GTAm, griff die Entwicklungsmannschaft auf das Knowhow und das FahrgefĂŒhl von zwei aktuellen Formel-1-Piloten zurĂŒck. Der Finne Kimi RĂ€ikkönen, Formel-1-Weltmeister des Jahres 2007, und Antonio Giovinazzi, sein Teamkollege im Team Alfa Romeo Racing ORLEN, spielten bei der finalen Abstimmung eine zentrale Rolle.

Beide Profis drehten auf der Rennstrecke in Balocco zahlreiche Runden mit der Alfa Romeo Giulia GTAm und gaben ihre EindrĂŒcke zu Fahrverhalten und Leistungsentfaltung den Ingenieuren zu Protokoll. Nachdem ihre Anregungen in verschiedene Modifikationen an den Fahrzeugen umgesetzt waren, trafen Kimi RĂ€ikkönen und die Alfa Romeo Giulia GTAm noch einmal in Balocco aufeinander. Dieses Mal war der Finne rundum zufrieden.

DemnÀchst in Balocco: automom fahrende Autos

Seit 1961 wurde das “Centro Sperimentale Balocco” parallel zu den wachsenden Anforderungen der Automobilindustrie regelmĂ€ĂŸig modernisiert und mit zusĂ€tzlichen Aufgaben betraut. Die nĂ€chsten Erweiterungen sind bereits in der Diskussion. “Wir mĂŒssen uns auf die Antriebstechnologie der Zukunft vorbereiten, zum Beispiel auch auf Autonomes Fahren”, so Carlandrea Arcelloni in die Zukunft. Von selbstfahrenden Automobilen konnten die Testpiloten der 1960er Jahre, die als erste in Balocco ihre Runden drehten, noch nicht einmal trĂ€umen.

Verbrauchswerte

Alfa Romeo Giulia GTA/GTAm

2.9 V6 Bi-Turbo 397 kW (540 PS) AT8 10,8 l/100 km* 244 g/km*

* Kraftstoffverbrauch kombiniert (l/100 km) und CO2-Emission kombiniert (g/km) nach dem gesetzlichen Messverfahren WLTP. Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen können dem “Leitfaden ĂŒber den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen und den Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen” entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und hier unentgeltlich erhĂ€ltlich ist.

Original-Content von: Alfa Romeo, ĂŒbermittelt durch news aktuell

Das könnte Sie auch interessieren: