Renault E-TECH: Mit einer mutigen Idee und LEGO-Steinen zum Ziel

Renault Lego Bausteine

Bei der Entwicklung des E-TECH-Hybridantriebsstrang konnte Renault nicht zuletzt auf seine Erfahrungen in der Elektromobilität und der Formel 1 zurückgreifen.

Bei der Entwicklung des innovativen E-TECH-Hybridantriebsstrang konnte Renault nicht zuletzt auf seine umfangreichen Erfahrungen in der Elektromobilität und der Formel 1 zurückgreifen. Hinzu kam der Enthusiasmus der beteiligten Ingenieure. Diese Leidenschaft für das Projekt zeigt sich beispielhaft in Gestalt eines eher ungewöhnlichen Hilfsmittels, auf das Nicolas Fremau im Rahmen seiner Arbeit zurückgriff: Der Experte für die Hybridarchitektur bei Renault ließ sich von einem LEGO-Bausatz seines Sohnes inspirieren.

Als Renault vor rund einem Jahrzehnt seine ersten rein elektrischen angetriebenen Modelle auf die Straße brachte, intensivierte die Marke gleichzeitig die Entwicklungsarbeiten für die Hybridtechnologie. Die Idee dahinter: Die teilelektrifizierten Antriebe erleichtern vielen Kunden den Übergang in die reine E-Mobilität. Die mit dem Thema befassten Experten und Ingenieure suchten deshalb nach einer Lösung, die eine Vielzahl verschiedener Anforderungen erfüllen kann: technisch einfache Umsetzbarkeit, geringes Gewicht, Eignung für Fahrzeuge aller Größen und eine elektrische Reichweite von mindestens 50 Kilometer. Mit anderen Worten: eine effiziente Hybridisierung für alle.

„Die Herausforderung bestand darin, einen Hybridantrieb für den Renault Mégane und den Renault Clio zu entwickeln, der technisch unkompliziert und damit leicht realisierbar ist“, bringt es Nicola Fremau auf den Punkt.

Zusammenbauen, Bohren, kleben

Für Fremau ist der Elektromotor die wichtigste Komponente des Hybridsystems – immerhin ist er es, der das Fahrzeug startet und in Bewegung bringt. Aber wie lässt sich das Zusammenspiel zwischen E-Motor und Verbrennungsmotor gestalten? Mit der Aufgabe im Hinterkopf, eine möglichst einfache technische Lösung zu finden, die nur wenig wiegt und kompakt baut, kam er auf eine radikale Idee: Wir verzichten einfach auf eine klassische Kupplung und sogar Getriebesynchronisierungen. Möglich macht dies eine Technologie aus dem Motorsport: die Klauenkupplung.

„Eines Tages sah ich meinem Sohn beim Spielen mit einem LEGO Technic-Bausatz zu. Und plötzlich erkannte ich, dass das, was ich sah, gar nicht so viel anders war als meine Idee für unseren Hybridantrieb. Mein nächster Weg führte mich deshalb in einen Spielwarenladen, um mir mein eigenes LEGO Technic-Set zu organisieren.“

Und der Franzose nutzte seinen Weihnachtsurlaub, um mit LEGO ein funktionierendes Modell des innovativen 3-Gang-Getriebes zu bauen, dessen Konstruktion er bis dahin nur auf Papier festhalten konnte. „Ich war davon überzeugt, dass uns so ein dreidimensionales Modell dabei helfen kann, zu verstehen, was wir bei der Umsetzung dieses Projekts besonders beachten müssen“, erklärt Fremau die Idee hinter seinem ungewöhnlichen Zeitvertreib. „Nach rund 20 Stunden Arbeit unter den verwunderten Blicken meines Sohnes war das Werk vollbracht.“

Fremau hatte dabei nicht nur die einzelnen Komponenten zusammengesteckt, sondern musste außerdem die einzelnen Achsen und Getrieberinge durch Kleben und Bohren so bearbeiten, dass sie in eine Halterung passten und an Motoren gekoppelt werden konnten. Eine nicht zu unterschätzende Ingenieursleistung also, mit der sich die unterschiedlichen Betriebsmodi für das Zusammenspiel der beiden Motoren anschaulich darstellen ließen. Wie von Fremau im Vorfeld erhoff, brachte ihn das Modell auch auf neue Ansätze und Ideen, auf die er zuvor am Zeichenbrett nicht gekommen war. Umso überzeugter war der Hybridantriebs-Experte, dass er mit diesem LEGO-Prototypen – ganz sicher der mit Abstand kostengünstigste in der Geschichte von Renault – auf dem richtigen Weg war.

Was mit LEGO geht, funktioniert auch in der realität

Aber was würden Fremaus Vorgesetzte zu diesem ungewöhnlichen Demonstrationsmodell sagen? Er gibt zu, dass er nervös war, als er sein Werk Entwicklungsvorstand Rémi Bastien und dem inzwischen verstorbenen Projektleiter Gérard Detourbet präsentierte, der als „Vater“ der Dacia Modelle eine gewisse Erfahrung mit einfachen und kostengünstigen Lösungen aufwies.

„Renault war schon immer ein sehr aufgeschlossenes und offenes Unternehmen, vor allem wenn es um das Thema Entwicklung geht“, betont Nicolas Fremau. „Aber als ich Gérard und Rémi erstmals das Modell zeigte, konnte ich nicht vorhersagen, wie sie reagieren würden. Sie begutachteten mein Werk ganz genau, betrachteten es aus allen Perspektiven und fassten es immer wieder an. Und dann machte Gérard Detourbet eine Bemerkung, die ich wohl mein Leben lang nicht vergessen werde: ‚Wenn wir es aus LEGO bauen können, wird es auf jeden Fall funktionieren!‘“

Seine Chefs hatten Fremau also grünes Licht gegeben – aber die Sache hatte einen Haken: Er und seine Kollegen mussten das Versprechen abgeben, innerhalb von nur 18 Monaten ihre Idee eines Hybridantriebs in einen voll funktionstüchtigen Testträger zu verwandeln. „Das war natürlich eine Herausforderung für das gesamte Forschungs- und Entwicklungsteam sowie alle damit zusammenhängenden Abteilungen“, blickt Fremau zurück. Für ihn und seine kleine Mannschaft aus hochmotivierten Enthusiasten hatte somit der härteste Abschnitt auf dem Weg zu Hybridisierung der Renault Antriebspalette gerade erst begonnen …

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