Gran Turismo Sport: Vom „Roadrunner“ zum ersten GTS der Neuzeit

Porsche Gran Turismo Sport

Das KĂŒrzel „GTS“ steht bei Porsche ĂŒber alle Modellreihen hinweg fĂŒr eine Extraportion Sportlichkeit – sowohl optisch als auch fahrdynamisch.

Das KĂŒrzel „GTS“ steht bei Porsche ĂŒber alle Modellreihen hinweg fĂŒr eine Extraportion Sportlichkeit – sowohl optisch als auch fahrdynamisch. Mit dem Sieg eines 904 Carrera GTS bei der legendĂ€ren Targa Florio trugen sich die drei Buchstaben, die fĂŒr „Gran Turismo Sport“ stehen, erstmals im Jahr 1964 in die GeschichtsbĂŒcher des Sportwagenherstellers ein. Die InitialzĂŒndung fĂŒr die GTS-Modelle der Gegenwart gab hingegen kein Rennwagen, sondern ein Luxus-SUV: der Porsche Cayenne.

Kurz nach dem erfolgreichen DebĂŒt des Cayenne im Jahr 2002 bekam die in Hemmingen ansĂ€ssige Baureihe den Auftrag, die Modellreihe zu erweitern. Auf dem Wunschzettel des Porsche-Vorstands stand ein Derivat mit gesteigerter Onroad-Performance, das sich zwischen dem Cayenne S und dem Cayenne Turbo einordnen sollte. Oliver Laqua, heute Projektleiter Gesamtfahrzeug fĂŒr den Cayenne, war bereits 1998 als Konzeptingenieur fĂŒr die erste Generation des SUV, intern E1 genannt, tĂ€tig und sollte diesen in jeder Hinsicht besonders sportlichen Cayenne ab 2004 konzipieren. Unter dem Projektnamen „Roadrunner“ ging der junge Ingenieur konsequent ans Werk, Laqua hatte zunĂ€chst ein besonders leichtes Fahrzeug im Sinn: „Wir planten, auf das Verteilergetriebe zu verzichten, denn das allein sparte 80 Kilogramm Gewicht. Und wir dachten zur weiteren Gewichtsreduktion und Emotionalisierung ĂŒber vier Rennschalensitze nach“, erinnert sich Laqua heute.

Sechsgang-Handschaltung und ein exklusives Fahrwerk-Setup

Dass der „Roadrunner“ nur mit Hinterradantrieb fahren sollte, fand im Vorstand jedoch ebenso wenig Anklang wie die eher unpraktischen Schalensitze. Beim Antrieb setzten sich wiederum die Entwickler durch: V8-Saugmotor statt Turbo.


904 Carrera GTS (1963), Cayenne GTS Coupé, 2022, Porsche AG
Der 904 Carrera GTS von 1963 neben dem aktuellen Cayenne GTS Coupé.

„Bei diesem Projekt zĂ€hlte nicht nur die Leistung, der Wagen sollte auch sehr direkt am Gas hĂ€ngen“, so Laqua. Durch Überarbeitung und VergrĂ¶ĂŸerung des Ansaugsystems stieg die Leistung des 4,8-Liter-Motors gegenĂŒber dem 283 kW (385 PS) starken Cayenne S auf 294 kW (405 PS). SerienmĂ€ĂŸig gab es dazu eine Sechsgang-Handschaltung. Um die AgilitĂ€t weiter zu steigern, wurde die AchsĂŒbersetzung von 3,55:1 auf 4,1:1 verkĂŒrzt. Optional gab es eine Sechsgang-Tiptronic S mit sportlich angepassten Schaltpunkten. Das Fahrwerk war GTS-spezifisch abgestimmt: Erstmals wurde die Stahlfederung mit dem geregeltem DĂ€mpfungssystem Porsche Active Suspension Management (PASM) kombiniert – ein Konzept, das bis dato den zweitĂŒrigen Sportwagen vorbehalten war.

Feinabstimmung durch Rallye-Weltmeister Walter Röhrl

FĂŒr die Abstimmung der Fahrwerk-Systeme der ersten Cayenne-Generation holten sich die Entwickler den Rat eines zweifachen Rallye-Weltmeisters: Walter Röhrl prĂŒfte die E1-Prototypen auf Herz und Nieren, unter anderem auf der legendĂ€ren NĂŒrburgring-Nordschleife sowie auf Eispisten am Polarkreis. Das FeingefĂŒhl des vierfachen Rallye Monte Carlo-Siegers am Lenkrad beeinflusste vor allem das Setup des Allradsystems maßgeblich. Röhrl wirkte auch an der Abstimmung des ersten Cayenne GTS mit.


Porsche-Markenbotschafter, Walter Röhrl, Cayenne GTS, 2022, Porsche AG
Rallye-Weltmeister Walter Röhrl am Steuer des ersten Cayenne GTS.

Das Porsche Traction Management (PTM) musste fĂŒr dieses neue Modell in seiner Auslegung nicht mehr verĂ€ndert werden. Weiterhin wurde die Motorkraft im VerhĂ€ltnis 62:38 zwischen Hinter- und Vorderachse aufgeteilt. Über eine elektronisch geregelte Lamellenkupplung war bei Bedarf jedes andere KrĂ€fteverhĂ€ltnis zwischen 100:0 und 0:100 möglich. „Wenn ich vom Allrad Sportlichkeit erwarte, dann muss ich schauen, dass ich stets alle vier RĂ€der unter Kontrolle habe“, sagt Röhrl, der 1993 als Versuchsfahrer zu Porsche kam und das Unternehmen heute als Markenbotschafter reprĂ€sentiert. „Damit sich nicht die eine Achse schneller dreht als die andere. Da ist das Mittendifferenzial eine gute Hilfe oder auch die Quersperre hinten. Sonst verpufft an dem entlasteten Rad die ganze Kraft.“

Durch die Porsche Dynamic Chassis Control (PDCC) ließ sich das fahrdynamische Potenzial des Cayenne erweitern. In Verbindung mit Luftfederung und PASM war diese Wankstabilisierung optional erhĂ€ltlich. Zwei aktive Stabilisatoren bauten im Zusammenspiel mit hydraulischen Schwenkmotoren ein StĂŒtzmoment auf, bevor sich die Karosserie zur Seite neigen konnte. „Das Wanken des Autos ist das grĂ¶ĂŸte Problem, wenn es um Fahrdynamik geht“, sagt Walter Röhrl, der im 20. JubilĂ€umsjahr des Cayenne seinen 75. Geburtstag feierte. „Das Gewicht lastet dann nur auf den kurvenĂ€ußeren RĂ€dern. Die inneren ĂŒbertragen weniger Kraft, das muss ich unterbinden. Der Wankausgleich war eine der wichtigsten Neuerungen ĂŒberhaupt. Damit kann man auch einem hohen Auto ein sehr gutes Handling verleihen.“


Walter Röhrl, Porsche-Markenbotschafter, Cayenne Turbo GT, 2022, Porsche AG
Porsche Markenbotschafter Walter Röhrl – hier am Steuer eines Cayenne Turbo GT – feierte im 20. JubilĂ€umsjahr des Cayenne seinen 75. Geburtstag.

DarĂŒber hinaus war die Karosserie des neuen Cayenne-Modells deutlich tiefer gelegt. Im Vergleich zum Cayenne S reduzierte sich die Bodenfreiheit um 24 Millimeter beim Stahlfahrwerk und um 20 Millimeter bei der optionalen Luftfederung. Mit Luftfederung wird die Karosserie ab 125 km/h Fahrgeschwindigkeit um weitere neun Millimeter und bei 210 km/h um noch einmal fĂŒnf Millimeter abgesenkt.

Sportlicher Auftritt und kerniger Klang

Als weiteren Beleg fĂŒr die Auslegung auf den sportlichen Straßenbetrieb dienten zudem die großen LufteinlĂ€sse und das dominante Heck – beides an den Cayenne Turbo angelehnt – sowie die um 14 Millimeter weiter ausgestellten RadhĂ€user. Sie mussten 21-Zoll-RĂ€der mit Reifen der Dimension 295/35 aufnehmen. Wahlweise konnte das Heck mit einem verlĂ€ngerten DoppelflĂŒgel-Dachspoiler bestĂŒckt werden. Die schwarzen Fenstereinfassungen, TĂŒrgriffe und Blenden ĂŒber der B- und C-SĂ€ule hoben die besondere Sportlichkeit des neuen Modells ebenso hervor wie die verchromten Doppelendrohre der Sportabgasanlage. Deren Klang konnte mit der Sport-Taste auf der Mittelkonsole intensiviert werden. Gleichzeitig Ă€nderte der Druck auf diese Taste die Gaspedalkennlinie, was zu einem noch spontaneren Ansprechen des V8 fĂŒhrte. Statt der ursprĂŒnglich angedachten Schalensitze gab es ab Werk immerhin neue elektrisch verstellbare 12-Wege-Sportsitze mit erhöhten Seitenwangen.

Inspiration fĂŒr alle Modellreihen bei Porsche

Bei der Namensfindung wurde man in den GeschichtsbĂŒchern von Porsche fĂŒndig – beim 1995 ausgelaufenen 928 GTS, dessen KĂŒrzel wiederum vom Porsche 904 Carrera GTS aus den 1960er-Jahren stammte. Die historischen Modelle mit dem Namenszusatz „GTS“ fĂŒr „Gran Turismo Sport“ standen fĂŒr besondere Sportlichkeit bei gleichzeitig hoher Langstreckentauglichkeit – ein Konzept, dem auch der Neuling im Cayenne-Portfolio zu 100 Prozent entsprach und das im Markt sofort großen Anklang fand. Inspiriert vom durchschlagenden Erfolg des ersten Cayenne GTS erweiterten auch die ĂŒbrigen Porsche-Baureihen nach und nach ihr Angebot um ein GTS-Modell. Das Prinzip war gesetzt: leicht erhöhte Motorleistung, spĂŒrbar agileres Fahrverhalten und eine elegante optische Betonung der verbesserten Sportlichkeit.Taycan GTS, Cayenne GTS CoupĂ©, Macan GTS, 718 Cayman GTS 4.0, Panamera GTS Sport Turismo, 911 Carrera 4 GTS, 2022, Porsche AG

Inspiriert vom durchschlagenden Erfolg des ersten Cayenne GTS erweiterten auch die ĂŒbrigen Porsche-Baureihen nach und nach ihr Angebot um ein GTS-Modell, das demselben Prinzip folgt: leicht erhöhte Motorleistung, spĂŒrbar agileres Fahrverhalten und eine elegante optische Betonung der verbesserten Sportlichkeit.

Vom V8 zum V6 – und wieder zurĂŒck

Der Cayenne GTS debĂŒtierte nach EinfĂŒhrung der ersten Modellpflege des SUV (intern E1 II) im Jahr 2007 auf der IAA in Frankfurt mit einem 298 kW (405 PS) starken V8-Motor. Nur kurze Zeit spĂ€ter erschien mit dem Cayenne GTS PDE 3 eine auf 1.000 Fahrzeuge limitierte Porsche Design Edition mit besonderer Farbgestaltung und noch exklusiverer Anmutung im Exterieur und Interieur.


Cayenne GTS PDE 3, 2022, Porsche AG
Der Cayenne GTS PDE 3 ist eine auf 1.000 Fahrzeuge limitierte Porsche Design Edition mit besonderer Farbgestaltung und noch exklusiverer Anmutung im Exterieur und Interieur.

2012 wurde in Peking die zweite Generation des Cayenne GTS (E2) vorgestellt. Die Leistung des V8 stieg auf 309 kW (420 PS), im Interieur setzte das neue GTS-Paket in Kontrastfarbe besonders sportliche Akzente. Beim 2014 in Los Angeles vorgestellten modellgepflegten Cayenne GTS (E2 II) stieg Porsche auf einen V6-Motor um. Das Biturbo-Aggregat leistete im Vergleich zum VorgÀnger 20 PS Leistung und 85 Nm Drehmoment mehr.

 

Cayenne GTS, 2022, Porsche AG

Beim Cayenne GTS der zweiten Modellgeneration stieg die Leistung des V8-Motors auf 309 kW (420 PS).
 

Cayenne GTS, 2022, Porsche AG

Mit der Modellpflege der zweiten Cayenne-Generation ersetzte beim GTS ein leistungsstarker V6- den bisherigen V8-Motor.

Mit der aktuellen Generation E3 kamen 2020 gleich zwei Cayenne GTS-Derivate auf den Markt: der Cayenne GTS sowie erstmals das Cayenne GTS CoupĂ©. Beide Derivate ĂŒberzeugen mit beeindruckender Querdynamik und fĂŒhren die Erfolgsgeschichte der Cayenne GTS-Modelle fort. Ausgestattet mit einem Vierliter-V8-Biturbomotor verfĂŒgen beide Modelle ĂŒber einen kernigen Sound, 338 kW (460 PS; Cayenne GTS: Kraftstoffverbrauch* kombiniert (WLTP) 14,1 – 13,3 l/100 km, CO₂ Emissionen* kombiniert (WLTP) 319 – 301 g/km, Kraftstoffverbrauch* kombiniert (NEFZ) 11,4 – 11,2 l/100 km, CO₂-Emissionen* kombiniert (NEFZ) 260 – 255 g/km; Cayenne GTS CoupĂ©: Kraftstoffverbrauch* kombiniert (WLTP) 14,0 – 13,3 l/100 km, CO₂ Emissionen* kombiniert (WLTP) 318 – 302 g/km, Kraftstoffverbrauch* kombiniert (NEFZ) 11,4 – 11,2 l/100 km, CO₂-Emissionen* kombiniert (NEFZ) 260 – 256 g/km) Leistung und 620 Nm Drehmoment. SerienmĂ€ĂŸig sind ein sportlich abgestimmtes Fahrwerk und das GTS-typisch exklusive Innenraum-Ambiente mit an Bord. Die Beliebtheit bei den Kunden ist ungebrochen: In Europa und Nordamerika entschieden sich 2021 jeweils rund 10 Prozent aller Cayenne-Kunden fĂŒr ein GTS-Modell, im Heimatmarkt Deutschland waren es sogar 16 Prozent.

ĂŒbermittelt durch Porsche

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